Deutschlands Gerichte im Check: So unterschiedlich bewerten Bürger die Justiz

Ob es um Streitigkeiten im Erbfall, unrechtmäßige Kündigungen, Zwangsvollstreckungen oder Grundbucheinträge geht: Der Termin in einem von Deutschlands Gerichten kann aufgrund langer Wartezeiten, komplexer Abläufe und mangelnder Erreichbarkeit schnell zur Geduldsprobe werden. Doch je nach Stadt gibt es große Unterschiede. Während die Kommunikation an manchen Standorten gut funktioniert, stoßen Bürger andernorts auf Frust statt Hilfe. Wo das der Fall ist, zeigt eine aktuelle Analyse der Lernplattform Jurafuchs, bei der insgesamt 26.740 Google-Rezensionen zu 955 bundesweiten Gerichten untersucht und verglichen wurden. Berücksichtigt wurden Amts- und Landgerichte, Arbeitsgerichte, Sozialgerichte und Verwaltungsgerichte. 

Bochumer Gerichte erhalten von Bürgern die schlechteste Bewertung

Insgesamt zeigt sich eine große Unzufriedenheit, denn im Durchschnitt werden die analysierten Gerichte nur mit 2,86 von fünf möglichen Punkten bewertet. Am deutlichsten fällt das Urteil über die Gerichte in Bochum aus: Mit durchschnittlich nur 2,09 von 5 Punkten schneidet die Stadt im bundesweiten Vergleich am schlechtesten ab. Besonders häufig wird in den Rezensionen neben der langwierigen Kontaktaufnahme die Bearbeitung bei Sorgerechtsstreitigkeiten und Nachlassangelegenheiten kritisiert. Besonders unzufrieden sind die Bürger auch mit den Gerichten in Hannover (2,19) und Braunschweig (2,22).

Mit einer Durchschnittsbewertung von 2,22 Punkten schneidet Rostock genauso schlecht ab. Dahinter reihen sich Oldenburg und Wuppertal mit durchschnittlich je 2,27 Punkten ab. Damit befinden sich drei der sechs Städte, die am schlechtesten abschneiden, in Niedersachsen. Besonders viel Ärger entsteht in den Gerichten laut Google-Rezensionen durch schlechte Erreichbarkeit, mangelhafte Organisation und Verfahrensfehler.

In diesen Städten sind die Bürger besonders zufrieden mit den Gerichten

Anders sieht es hingegen in Wiesbaden aus: Mit einer durchschnittlichen Bewertung von 3,58 Punkten sichert sich die Stadt den Spitzenplatz im Ranking. Die Wiesbadener Gerichte punkten bei den Bürgern vor allem mit kompetenten Mitarbeitern und freundlichem Sicherheitspersonal. Dass keine Stadt mit einer Durchschnittsbewertung von mindestens vier Punkten abschneidet, zeigt, dass es bei der Arbeit von Deutschlands Gerichten noch viel Luft nach oben gibt.

Den zweiten Platz sichert sich Halle (Saale) mit einer Durchschnittsbewertung von 3,5. Dabei wird aber selten die gute Arbeit im Gericht, sondern vielmehr das imposante Gebäude positiv hervorgehoben. Oberhausen landet mit durchschnittlich 3,21 Punkten ebenfalls weit oben. Mit Kiel und Bremen folgen zwei norddeutsche Städte im Spitzen-Ranking und bekommen im Schnitt immerhin 3,14 bzw. 3,08 von fünf möglichen Punkten.

Arbeitsgerichte genießen das größte Vertrauen

Im Hinblick auf die unterschiedlichen Gerichtszweige sticht vor allem ein Bereich positiv hervor: Deutschlands Arbeitsgerichte werden mit durchschnittlich 3,36 Punkten vergleichsweise gut bewertet. Das Arbeitsgericht kümmert sich um Streitigkeiten rund um das Arbeitsverhältnis, etwa zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Gefolgt wird der Gerichtszweig von den Landgerichten (2,91 Punkte) und Amtsgerichten (2,83 Punkte). Die Schlusslichter bilden hingegen das Sozialgericht und das Verwaltungsgericht mit durchschnittlich 2,76 bzw. 2,65 von fünf möglichen Punkten.

Amtsgerichte in Weimar und Weilheim in Oberbayern schneiden am besten ab

Unter den einzelnen Standorten der Gerichte mit mindestens 50 Bewertungen schneiden die Amtsgerichte in Weimar und Weilheim in Oberbayern am besten ab. Mit je 4,9 von fünf möglichen Punkten verpassen die beiden Gerichte nur knapp die Bestbewertung. Die neuesten und eher negativen Bewertungen des Gerichts der oberbayerischen Stadt lassen allerdings vermuten, dass die Nutzer zuletzt eher unzufrieden mit der Arbeit der städtischen Justiz waren. Durchschnittlich 4,3 Punkte vergeben die Bürger dem Landgericht Halle (Saale), ähnlich gut sind die Bewertungen des Justizzentrums Wiesbaden (4,0). Die Top Fünf komplettieren die Amtsgerichte in Eschweiler, Günzburg und Kamenz mit einer durchschnittlichen Rezension von je 3,9.

Viele Amtsgerichte sorgen hingegen für Unzufriedenheit unter den Bürgern. Vor allem das Amtsgericht Tettnang fällt mit einer Durchschnittsbewertung von nur 1,6 Punkten durch. Neben der schlechten telefonischen Erreichbarkeit, die oftmals zur Kritik gehört, wirft ein Nutzer sogar Arbeitsverweigerung vor. Mit 1,8 von fünf möglichen Punkten gehört auch das Amtsgericht in Stuttgart-Bad Cannstatt zu den unbeliebtesten. Fünf weitere Standorte schneiden mit je 1,9 Punkten hingegen besonders schlecht ab: die Amtsgerichte in Bad Homburg, Bochum, Detmold, Rosenheim und Solingen. Die Gerichte werden vor allem aufgrund organisatorischer Defizite und dem Verhalten einzelner Richter kritisiert. 

„Dass Gerichte in Online-Bewertungen so schlecht abschneiden, ist alarmierend, aber vielschichtig zu erklären. Natürlich spiegelt sich darin auch Frust über Urteile wider, die naturgemäß nicht allen gefallen können. Ein Gericht ist schließlich kein Dienstleister, der Kundenzufriedenheit maximieren soll, sondern eine Institution, die Recht spricht”, erklärt Jurafuchs-Gründer Dr. Carl-Wendelin Neubert. Er ergänzt:

„Doch die Bewertungen zeigen auch: Es geht nicht nur um Enttäuschung über Entscheidungen, sondern um strukturelle Defizite. Bürger kritisieren Erreichbarkeit, Terminvergabe und Kommunikationswege. Das sind alles Punkte, in denen der Rechtsstaat bürgernah sein sollte. Diese Unzufriedenheit gefährdet das Vertrauen in den Rechtsstaat und verweist auf einen massiven Reformstau: zu wenige Richterinnen und Richter, zu viele Aktenberge, zu wenig digitale Prozesse.

Besonders bitter ist das, weil das Richteramt für viele junge Juristinnen und Juristen durchaus ein attraktiver Karriereweg ist. Laut einer aktuellen Jurafuchs-Umfrage streben 14,3 Prozent diese Laufbahn an. Doch gleichzeitig erleben sie schon im Studium, dass Digitalisierung in der juristischen Ausbildung kaum eine Rolle spielt. Wenn der öffentliche Sektor – auch mit Hilfe von KI – nicht endlich ernsthaft in Effizienz, Transparenz und digitale Kommunikation investiert, droht die Justiz langfristig den Anschluss zu verlieren: nicht nur an die Gesellschaft, sondern auch an den juristischen Nachwuchs.”

Über die Untersuchungsgrundlage 

Für den Vergleich hat die Lernplattform Jurafuchs insgesamt 26.738 Google-Bewertungen von 955 deutschlandweiten Amts- und Landgerichten, Arbeitsgerichten, Sozialgerichten und Verwaltungsgerichten erfasst. Daraufhin wurde die Durchschnittsbewertung der Gerichte in den 50 größten deutschen Städten ermittelt. Für den Vergleich der einzelnen Institutionen wurden alle Gerichte mit mindestens 50 Rezensionen berücksichtigt. Gibt es pro Amtsgericht mehrere verschiedene Google-Ergebnisse, wurde das Ergebnis mit mehr Bewertungen berücksichtigt. Für eine bessere Vergleichbarkeit wurden die Rezensionen gewichtet, sodass jede einzelne Bewertung gleichermaßen zählt. Datum der Erhebung: 04. November 2025.

Über Jurafuchs

Jurafuchs (www.jurafuchs.de) ist Deutschlands führende Lernplattform für angehende Juristen. Die App vermittelt prüfungsrelevantes Wissen und juristische Fähigkeiten für das gesamte Jurastudium, das Rechtsreferendariat und darüber hinaus. Auf Grundlage aktueller lernwissenschaftlicher Erkenntnisse ermöglicht Jurafuchs effektives und anwendungsorientiertes Lernen durch Interaktion, Gamification, Microlearning, KI-gestützte Funktionen und eine aktive Community von fast 20.000 Jurastudenten und Referendaren. Mit über 10 Millionen gelösten interaktiven Aufgaben pro Monat ist Jurafuchs die meistgenutzte Plattform ihrer Art. Strategische Partnerschaften mit 25 Top-Kanzleien und führenden Universitäten, diverse Auszeichnungen als “beliebtestes digitales Lernmittel” und die Verleihung der prestigeträchtigen Comenius Edu Media Medaille 2025 unterstreichen die Marktführerschaft. Das Unternehmen wurde 2018 von Christian Leupold-Wendling, LLM. (Cambridge), Rechtsanwalt Dr. Carl-Wendelin Neubert und Steffen Schebesta gegründet.

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